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Medizinstudium abbrechen für MTLA-Ausbildung?

BeitragVerfasst: Sa 17.09.2016, 16:25
von Picky
Hallo liebe MTLAs und alle, die es werden möchten,


ich bin 23 und studiere seit 6 Semestern in München Medizin, eigentlich wollte ich das immer schon machen und die Theorie finde ich nach wie vor spannend. In letzter Zeit habe ich jedoch gemerkt, dass meine ursprüngliche Vorstellung und die Realität des Berufes doch deutlich differieren.
In den großen Kliniken ist man im Prinzip immer fehl am Platz und und niemand möchte einem etwas beibringen, aber es wird meist erwartet, dass man alles kann.
Zudem habe ich gemerkt dass ich wirklich Angst vor vielen alltäglichen ärztlichen Tätigkeiten (Blut abnehmen, Spritzen geben, operieren, eigentlich alles, wo ich jemandem wehtun kann) sowie vor der Verantwortung als Arzt habe. Ich weiß nicht, ob ich es verkraften könnte, wenn ich einen Patienten (durch Behandlungsfehler, die leider immer wieder passieren) umbringen würde.
Nachdem mein Studium noch über 3 Jahre dauert und mich danach erstmal 5-6 Jahre Facharztausbildung mit 60-70 Stunden/Woche erwarten, frage ich mich langsam, ob es einen Sinn hat, mich durch die leidigen Praktika zu quälen.
Schon zu Beginn des Studiums habe ich oft überlegt, abzubrechen und stattdessen eine Ausbildung als MTLA zu machen, aber Dinge wie das geringere Gehalt, weniger Auswahlmöglichkeiten bzgl. Tätigkeiten und auch die Tatsache, dass ich in den ersten Semestern gar keine Ahnung hatte, wie der ärztliche Alltag so aussieht, haben mich immer davon abgehalten.
Mittlerweile habe ich jedoch gemerkt, dass mir weder das Gehalt, noch das gesellschaftliche Ansehen oder der Patientenkontakt so wichtig sind, dass ich dieses Studium um jeden Preis fortführen möchte.
Viel wichtiger sind mir ein Umfeld mit netten Kollegen und geregelte Arbeitszeiten ohne 24 Stunden-Schichten und Tätigkeiten, bei denen ich zittrige Knie bekomme, auch wenn ich dann vielleicht überqualifiziert wäre.
Aber grundsätzlich möchte ich lieber gut in einem Ausbildungsberuf sein, als eine schlechte Ärztin.
Die Praktika in Mikrobiologie, Klinischer Chemie etc. haben mir dagegen immer viel Spaß gemacht (wir haben z.B. Zell- und Bakterienkulturen, unser Blut etc. untersucht) und ich hoffe daher, dass mir auch der Beruf der MTLA Spaß machen würde und ich nicht total blauäugig an die Sache rangehe (muss man als MTLA eigentlich auch Blut abnehmen?).
Meine Angst, ist jedoch, dass ich, wenn ich jetzt das Studium abbreche, total auf die Schnauze falle und mich in dem Job langweile oder es mir überhaupt nicht gefällt.
Daher ist meine Frage nun: Wie würdet ihr vorgehen? Erstmal weiterstudieren und dann in den Semesterferien mal nach einem Schnupper-Praktikum bei den MTLAs fragen und schauen, wie es mir gefällt?
Oder besser gleich bei einer Schule bewerben, da ich sonst u.U. keinen Platz mehr bekomme?
Beurteilt man als MTLA eigentlich auch Bakterien und sowas unter dem Mikroskop (das finde ich nämlich echt spannend)?
Und sind viele an einer MTLA-Schule Anfang-Mitte 20, oder wäre ich dann die einzige "Alte" unter lauter 16-Jährigen?
Ist wirklich eine schwierige Entscheidung für mich und ein anderes Studium als Alternative hab ich leider auch nicht.


Ich würde mich wirklich sehr über Ratschläge freuen!

Liebe Grüße,
Picky

Re: Medizinstudium abbrechen für MTLA-Ausbildung?

BeitragVerfasst: Mo 19.09.2016, 11:27
von arztfuerarzt
Liebe Picky,

dein mutiger Beitrag, in dem du offen über die Ängste sprichst, die das Medizinstudium dir bereitet, hat mich beeindruckt. Besonders weil es die gleichen Ängste sind, die mich von einem Medizinstudium abgehalten haben.

Grundsätzlich spricht nichts gegen eine MTLA-Ausbildung, wenn du aber den Präp-Kurs schon einmal hinter dich gebracht hast - da wäre ich schon dran gescheitert: Hast du schon einmal daran gedacht, Fachärztin für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie oder Pathologie zu werden? Das sollte den Vorlieben, die du beschreibst, einigermaßen entsprechen.

Die nächsten 3- 4 Jahre - einschließlich PJ in der Inneren + Chirurgie - musst du dann natürlich noch durchstehen. Ob du dir das zumuten kannst und willst, weisst du selbst am besten.

Viele Grüße
Elke

Re: Medizinstudium abbrechen für MTLA-Ausbildung?

BeitragVerfasst: Fr 23.09.2016, 09:04
von lifechanges
Hallo,
ich bin auch gerade hin-und hergerissen, was ich denn nun machen soll. Bin nun 27 und habe ein naturwissenschaftliches Studium mit Master und guten Noten zu Ende gebracht. Überlege die ganze Zeit eine MTRA Ausbildung zu machen.
Hast du dich denn schon entschieden?

VG

Re: Medizinstudium abbrechen für MTLA-Ausbildung?

BeitragVerfasst: So 25.09.2016, 10:09
von Theriak
Liebe Picky,

ich bin selbst Medizinstudent im praktischen Jahr und habe einen kurzen bündigen Tip für dich: Tu es nicht. Bleib beim Studium.

Kurz zu mir selbst:
Ich war im Studium immer sehr erfolgreich, mache gerade eine vielversprechende Doktorarbeit, war auf unterschiedliche Weise immer sehr engagiert, wurde zeitweise mit Stipendium gefördert und habe neben dem Studium noch eine anspruchsvolle Nebentätigkeit.
Momentan macht mir jedoch die Vorstellung Arzt zu werden, bald Verantwortung zu übernehmen und Mensch vielleicht zu schaden unendliche Angst. Ich würd allein deswegen manchmal am liebsten alles hinschmeißen. Ich kritisiere mich selbst viel und glaube immer, dass ich ein Idiot bin. In diesem Fall bin ich aber selbst das Problem und nicht das Medizinstudium oder der Beruf. Ich fühle mich oft zu doof und unorganisiert, für die Arbeit als Arzt. Bald allein im Nachdienst stehen und schwertskranken selbstständig betreuen? Für mich gerade noch unvorstellbar. Mich kotzt auch dieser Krankenhauswahnsinn und das alltägliche Leben auf Station häufig an.
Der diffusen Angst vor Überforderung und Zukunft trete ich auf mehrere Weisen entgegen:

1. Ich muss dauerhaft kein Arzt werden. Wenn du wenige Jahre in der Klinik schaffst, kannst du dich in alternative Berufsfelder (Industrie und Wirtschaft...Journalismus kann ich hingegen aus eigener Erfahrung nicht empfehlen) zurückziehen.

2. Ich habe immer noch ein riesen theoretisches Interesse an der Medizin, weshalb ich auch den Blick für andere Fächer abseits des Krankenhauswahnsinns habe (Pathologie, Lab. Medizin, vll mit Innere Erfahrung auch mal Arbeitsmedizin? Teilweise ist aber auch die Arbeitsbelastung und vielen dieser Fächer enorm, das nicht unterschätzen)

3. Das Leben ist keine Ponyhof und das Gras auf der anderen Seite immer grüner. Du wirst mit spätestens 25 langsam erwachsen und musst eben auch Verantwortung übernehmen und den Konflikt der eigenen Inkompetenz mit den externen Ansprüchen aushalten. So reift man.

4. Medizin gibt dir eine Batterie an Weiterbildungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt und Jobsicherheit mit geregeltem Einkommen. Glaub mir das sind Dinge, die du nicht gern aufgeben willst.

5. Die Unsicherheit und Angst haben extrem viele. Wenn du dich mit den Leuten offen unterhältst, geben es manchmal doch sehr viele zu.

6. Blende die ganzen Leute, die sich im Studium schon für die Nummer 1 halten aus. Die fliegen spätestens mit dem Berufsstart kräftig auf die Fresse. Ich kann dir versprechen, dass auch die mangels Arbeitserfahrung kaum relevantes medizinisches Wissen besitzen.

Zu deiner Angst vor invasiven Tätigkeiten:
Davor hatte ich auch Angst. Da muss man über seinen Schatten springen und es einfach machen. Wenn du 500 mal Blut abgenommen hast, bereitet dir das kein Kopfzerbrechen mehr. So ist es auch mit anderen Tätigkeiten. Und wenn du nichts triffst: Who the fuck cares. Man sticht so lange bis man Blut hat und wenn das drei oder viermal Nadel ansetzen bedeutet. Manche Leute haben eben schlechte Venen. Und manchmal krieg auch ich trotz einiger Übung, kein Blut abgenommen oder Zugang gelegt.
Ich bin mir absolut sicher, dass du das nach ein bisschen Übung auch passabel hinkriegst. Ich kann mich noch gut erinnern, wie mir manchmal der Arsch gezittert hat bei invasiven Tätigkeiten. Als Famulant hast du eh Welpenstatus und musst nichts können. Außerdem kenne ich auch einige MTA die je nach Einsatzgebiet regelmäßig Blut abnehmen.

Ich glaube auch nicht, dass du eine schlechte Ärztin wirst, weil du sehr reflektiert mit deinen Ängsten umgehst. Die wirklich inkompetenten Leute, halten sich in der Regel für übermäßig kompetent, was man auch als Dunning-Kruger-Effekt bezeichnet (https://de.wikipedia.org/wiki/Dunning-Kruger-Effekt).

Geh raus, genieß den sonnigen Tag und lass die Bücher liegen. Du wirst das schon machen. Wenn du abbrichst, wirst du dich für immer fragen was wäre gewesen wenn. Eine MTA-Ausbildung kannst du auch noch als Ärztin machen. Und ich bin mir sicher, du wirst das nicht tun.
Alles Gute.

Re: Medizinstudium abbrechen für MTLA-Ausbildung?

BeitragVerfasst: Di 27.09.2016, 10:48
von arztfuerarzt
lifechanges hat geschrieben:Hallo,
ich bin auch gerade hin-und hergerissen, was ich denn nun machen soll. Bin nun 27 und habe ein naturwissenschaftliches Studium mit Master und guten Noten zu Ende gebracht. Überlege die ganze Zeit eine MTRA Ausbildung zu machen.
Hast du dich denn schon entschieden?

VG



Was hältst du davon, Medizin zu studieren?
Dein Master in einer Naturwissenschaft sollte auf die Leistungen bis zu Physikum weitgehend angerechnet werden. Dann sind das noch 4 Jahre Hauptstudium.

LG
Elke

Re: Medizinstudium abbrechen für MTLA-Ausbildung?

BeitragVerfasst: Mi 28.09.2016, 07:40
von RasCherie
Man kann auch Blut ab nehmen und Spritzen geben, ohne das es arg schmerzt. ;@) und bei OP"s gibts die Narkose!

Ein Tip von einer Arzthelferin!

LG
RasCherie

Re: Medizinstudium abbrechen für MTLA-Ausbildung?

BeitragVerfasst: Mi 28.09.2016, 10:21
von lifechanges_
Naja, medizin studieren kommt bei mir glaube ich, nicht in Frage. Wäre ja auch Zweitstudienbewerber und ich bin mir nicht sicher, ob mir so viele Kurse angerechnet werden würden.
Bei der MTRA Ausbildung hätte ich allerdings auch kein Anrecht auf Bafög, oder? Wäre ja eine Zweitausbildung ohne einen beruflichen Zusammenhang zu meinem Studium.
Meint ihr, es wäre machtbar nebenher zu jobben?

Liebe Grüße

Re: Medizinstudium abbrechen für MTLA-Ausbildung?

BeitragVerfasst: Mo 03.10.2016, 11:54
von Picky
Vielen Dank für eure Antworten.
Es hat mich echt gerührt, dass viele hier so ehrlich waren und ich offensichtlich nicht allein mit dem Problem bin, ich dachte schon, ich treffe hier auf viel Unverständnis.
Ich mache zur Zeit eine Famulatur in der Inneren und merke, dass mir die nicht investiven Tätigkeiten wie Sono und andere Untersuchungen durchaus Spaß machen, also vielleicht muss ich langfristig beim Blutabnehmen etc. wirklich cooler werden.
Ist halt immer bisschen doof, wenn man auf Station bei einem ängstlichen Patienten, den man am Tag davor schon verstochen hat, am nächsten Tag wieder Blut abnehmen muss.
Klar, als Famulant hat man in gewisser Weise Welpenstatus, aber die Ärzte sind zumindest auf meiner Station meist doch ziemlich genervt, wenn sie "Famulantenjobs" wie Braunülen-legen oder Blutabnehmen machen müssen, weil das die Famulantin einfach nicht hingekriegt hat und alle "guten" Venen schon angestochen hat. Es wird irgendwie von allen immer erwartet, dass man das kann und macht und wenn man dann sagt, dass man etwas nicht so gut kann, wird man nur fragend angeschaut und ein Kommentar a la "dann musst du halt mehr üben" abgelassen.
Aber wahrscheinlich habt ihr recht und mir wurde bislang im Leben zu viel abgenommen bzw. alles lief bislang immer ganz glatt, sodass ich mich erst daran gewöhnen muss, damit klarzukommen, dass etwas mal nicht so gut läuft und man seine Fehler ausbügeln muss.
Mein Plan ist jetzt also, erstmal weiterzustudieren und für die nächste Famulatur werde ich mir vielleicht ein Krankenhaus suchen, in dem es nicht so hektisch zugeht, vielleicht wird mir dann mal mehr erklärt und ich kann in Ruhe alles üben, ohne in 30min mit 20 Blutentnahmen fertig sein zu müssen, weil die "Werte dringend für die Visite benötigt werden"...
Langfristig werde ich mir denke ich aber wirklich eine Nische zu suchen, in der ich nicht soo viel Verantwortung tragen muss, vielleicht wirklich Mikrobiologie oder so. Schade, dass man in den theoretischen Fächern keine Famulatur machen kann, also werd ich wohl mal ne Woche dort hospitieren müssen.
Auf jeden Fall fühlt es sich gut an, wieder einen roten Faden für mein Leben zu haben. :)

Liebe Grüße,
Picky

Re: Medizinstudium abbrechen für MTLA-Ausbildung?

BeitragVerfasst: Do 06.10.2016, 23:15
von Sheena
Hey

Ein ganz großes du spinnst wohl, dein Studium zu schmeißen
Ich selbst habe mtla gemacht, nein arbeite schon lang nicht mehr in dem Beruf.
Es kostet viel Geld.
Und du verdienst so gar nichts, meistens werden eh nur Medizische Fachangestellte eingestellt,

Da bekommst du für Vollzeit ca 1600.

Als Arzt kannst du doch auch in den Bereich gehen oder sogar ein Labor im Krankenhaus leiten.

Halte durch, wirf nichts weg.